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Verfassungsentwicklung in Bayern


1808 Vereinheitlichung

1.5.1808
Bei der ersten bayerischen Verfassung handelt es sich um eine gewährte (oktroyierte) Verfassung, nicht um einen Vertrag zwischen Volk (Ständeversammlung) und Souverän. In ihr wird der König als Organ in den Staatsapparat eingefügt. Sie betont die Gleichstellung aller Staatsbürger in dem neu geschaffenen Gesamtstaat.
Neu sind:
- Aufhebung von Sonderrechten für Adel und Kirche
- Einheitliche Kreiseinteilung
- Gleichheit vor dem Gesetz
- Gleichheit der Steuern
- Sicherung der Person und des persönlichen Eigentums
- Gewissensfreiheit
- eingeschränkte Pressefreiheit
- Bildung einer "National-Repräsentation"(die nie einberufen wurde)
- Abschaffung der Leibeigenschaft

Mit der Verfassung vom 1. Mai 1808 wollte Montgelas in erster Linie die staatliche Einheit erreichen, nicht die Sicherung bürgerlicher Freiheits- und Mitbestimmungsrechte. Auch wenn der Absolutismus noch einmal einen "posthumen Sieg" (E.R.Huber) errang, verkörperte doch die aufgeklärte Bürokratie, der Montgelas eine wichtige Rolle im Staat zumaß (Le roi règne, mais la bureaucratie gouverne), die Interessen des aufstrebenden Bürgerstandes und des "Allgemeinwohls".

1818 Konstitutionalisierung

26.5.1818
Auch wenn die Verfassung von 1818 weiterhin eine oktroyierte Verfassung ist, die gemäß dem "monarchischen Prinzip" alle Staatsgewalt beim Landesherren läßt, so legt sie doch mit der Ständeversammlung den Grundstein für die politische Emanzipation des Bürgertums. Aufgabe der Ständeversammlung war: "die Weisheit der Berathung zu verstärken, ohne die Kraft der Regierung zu schwächen."
Neu sind:
- Errichtung einer Ständeversammlung
- Erneuerung der kommunalen Selbstverwaltung
- Der König leistet wie die Beamtenschaft einen Schwur auf die Verfassung
- Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde/Petitionsrecht
- Trennung von Kirche und Staat (Die Rechte der Kirche wurden zugunsten des Königs stark eingegrenzt. Eine wichtige Grundlage hierfür bildete das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl vom 5.Juni 1817.)
- allgemeine Wehrpflicht

Trotz des Fortschrittes, den die Verfassung von 1818 darstellt, hat sie doch bezüglich der Rolle des Adels im Staate (Besetzung der Ständeversammlung, Erhalt und Bekräftigung der adligen niederen Gerichtsbarkeit) eher konservativen, in manchen Punkten sogar restaurativen Charakter. Eine Fortentwicklung in Richtung auf ein parlamentarisches System strebten weder Max I. Joseph noch sein Nachfolger Ludwig I. an.


1848 Bürgerbeteiligung

4.6.1848 Landtagswahlgesetz
Die 2. Kammer der Ständeversammlung (Abgeordnete) verliert ihren ständischen Charakter (Landtag). Der Modus zur Wahl des Landtags wird in der Folge demokratisiert (21.3.1881 geheime Wahl der Abgeordneten, 9.4.1906 direkte Wahl der Abgeordneten).
4.6.1848 Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit
Das Gesetz wird durch das Gesetz über den Staatsgerichtshof und das Verfahren bei Ministeranklagen (30.3.1850) vervollständigt.
4.6.1848 Gesetz über die ständische Initiative
Beide Kammern dürfen Gesetzesvorschläge einbringen, solange es sich nicht um Verfassungsgesetze handelt.
4.6.1848 Gesetz über die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit


1870 Reichsrecht bricht Landesrecht

Mit dem Beitritt Bayerns zum Deutschen Reich (23.11.1870) wurde das bayerische Landesrecht beträchtlich eingeschränkt, da Art. 2 der Reichsverfassung bestimmte, "daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen". Einige Reservatrechte, wie die Verfügung über die Armee in Friedenszeiten oder die Eisenbahn in Bayern blieben erhalten.

1918 Freistaat

Am 8. November 1918 wurde der Freistaat Bayern ausgerufen. Daraufhin entband König Ludwig III. am 13. November 1918 seine Beamten vom Treueid.
Erstmals besaßen nun auch Frauen das aktive und passive Wahlrecht (Wahlproklamation vom 5.12.1918).

1919 Parlamentarisierung

14.8.1919
Die Bamberger Verfassung war zu großen Teilen, zumindestens was die verfassungspraktische Relevanz angeht, eine Totgeburt, da sich das Reich mit der Weimarer Verfassung weite Teile der Gesetzgebung vorbehielt und keine Reservatsrechte wie 1870 mehr zuließ.


Neu sind:
- Freistaat (Republik)/Teil des Deutschen Reiches
- Volkssouveränität
- Volksentscheid/Volksbegehren
- Landtag als einzige Kammer wählt den Ministerpräsidenten und ernennt die Minister

11.6.1920 Gesetz über den Staatsgerichtshof
Ein unabhängiges Verfassungsgericht wird geschaffen.

9.3.1923
Der "Wittelsbacher Ausgleichsfonds" regelt bis heute die Rechte und Pflichten zwischen der ehemaligen Herrscherdynastie und dem Freistaat.

1933 Gleichschaltung
Die Ermächtigungsgesetze führten die Bamberger Verfassung ad absurdum, wenn sie sie auch nicht aufhoben. Am 29.4.1933 wurde die Landesregierung gemäß der Verfassung ermächtigt von der Verfassung abweichen zu können. Abgeschlossen wurde die Gleichschaltung der Länder mit der vollständigen Aufhebung ihrer Hoheitsrechte, die an die zuständigen Reichsminister übergingen.

28.2.1933 "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat"
31.3 1933 Gesetz zur Gleichschaltung der Länder
21.5.1933 "Gesetz zur Behebung der Not des bayerischen Volkes und Staates"
30.1.1934 Gesetz über den Neuaufbau des Reiches


1946 Demokratischer Neubeginn

2.12.1946
Das Ende allen politischen Lebens in Deutschland sowie der vollständige Zusammenbruch der staatlichen Ordnung zwangen die bayerischen Verfassungsväter die Konsequenzen aus dem Scheitern der Weimarer Reichsverfassung zu ziehen. Der Einfluß der amerikanischen Besatzungsmacht zeigt sich unter anderem im verbesserten Schutz der Rechte des Individuums gegenüber dem Staat sowie bei der Gewaltenteilung. Die Amerikaner bestanden auch darauf, daß Bayern sich einem künftigen deutschen Bundesstaat anzuschließen habe.

Neu sind:
- Verbesserter Schutz der Grundrechte, die nur noch in Ausnahmefällen eingeschränkt werden können.
- Wehrhafte, stabile Demokratie mit der Möglichkeit zum Ausschluß verfassungsfeindlicher Wählergruppen und einer 10%-Klausel (später 5%), die die Bildung regierungsfähiger Mehrheiten garantieren soll.
- Wertorientierung der Gesetze, d.h. elementare Grundrechte des Menschen stehen über dem positiven Recht.
- Der Senat als zweite Kammer repräsentiert gesellschaftliche Gruppen und soll dem gewählten aber parteipolitisch strukturierten Landtag beratend zur Seite stehen.
- Der Verfassungsgerichtshof prüft die Verfassungsmäßigkeit der erlassenen Gesetze. Mittels der Popularklage kann der Bürger, selbst wenn er nicht persönlich betroffen ist, an diesem Prozeß der Normenkontrolle teilhaben.
- Sozialstaatscharakter, der jedoch, wie im Grundgesetz auch, nur als Staatsziel formuliert ist.


Verfassungsänderungen seit 1946:

22.7.1968 Schaffung der christlichen Gemeinschaftsschulen
15.6.1970 Herabsetzung des aktiven Wahlalters vom 21. auf das 18. Lebensjahr und des passiven Wahlalters vom 25. auf das 21. Lebensjahr
19.7.1973 Änderung der Stimmkreise und Herabsetzung der Sperrklausel von 10% auf 5%
19.7.1973 Festlegung der Freiheit des Rundfunks
20.6.1984 Verankerung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen
27.10.1995 Einführung des kommunalen Bürgerentscheids
20.2.1998 Abschaffung des Bayerischen Senats
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Verfassung 1808

 

 

 

 

Verfassung 1818

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