Verwaltungsreformen unter Max III. Joseph und Karl Theodor

Um das Neue, ja vielleicht sogar Revolutionäre der Reformen Montgelas richtig einschätzen zu können, muß man die Politik der Kurfürsten Max III. Joseph (1745-1777) und Karl Theodor (1777-1799) verfolgen. Auch sie versuchten bereits eine Modernisierung der Verwaltung, um so die Macht zu bündeln und eine effiziente Regierung zu schaffen. Modernisierung bedeutet in diesem Zusammenhang und in dieser Zeit immer Verstaatlichung, Vereinheitlichung, Zentralisierung, also eine Abkehr von den vielen verschiedenen Inhabern von Herrschaft und Macht, wie sie teilweise der Adel oder auch die Kirchen und Klöster, die Städte und Gemeinden besaßen. Diese Versuche, einen fürstlich-aufgeklärten Absolutismus aufzurichten, verliefen jedoch zumeist wieder im Sande oder scheiterten an den Widerständen derer, deren Macht beschnitten werden sollte.

So begann bereits Max III. Joseph mit einer Verwaltungsreform, die zu einer Vereinfachung der Behördenstrukturen und einer Vereinheitlichung der Richtlinien der Verwaltung führte. An der Spitze stand der Kurfürst, dem die Geheime Konferenz mit ihren verschiedenen Fachressorts untergeordnet war. Wie später Montgelas, so setzte auch Max III. Joseph mit seinen Reformen bei den Zentralbehörden an. Allerdings gelang ihm keine umfassende Erneuerung.


Auch sein Nachfolger Karl Theodor begann reformfreudig. Indem er 1779 eine bayerische Oberste Landesregierung schuf, versuchte auch er durch Zentralisierung und Vereinheitlichung des politischen Willens eine effektiv arbeitende Verwaltung zu errichten. Betrachtet man die einzelnen Bereiche, die er mit seinen Maßnahmen zu verändern suchte, so fallen die Parallelen zu Montgelas sehr deutlich ins Auge. Sei es nun sein Versuch eine Vereinheitlichung des Zivilrechts zu erreichen, - die letztlich erst mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 vollendet wurde - oder sein Bestreben, im Strafrecht die Folter zu beseitigen, die mit Feuerbachs Strafgesetzbuch von 1813 endgültig verschwand, überall finden sich Vorformen der später unter der Regierung Montgelas tatsächlich verwirklichten Reformen. Dies gilt in besonderem Maße auch für die Wirtschafts- und die Kirchenpolitik. Um eine Integration der pfälzischen und bayerischen Territorien zu erleichtern und die finanzielle Gesundung der Staatskasse zu erreichen, war es bereits Karl Theodor ein Anliegen, ein einheitliches pfalz-bayerisches Zoll- und Wirtschaftsgebiet zu begründen. Die innerstaatlichen Zollgrenzen sollten fallen und der freie Binnenhandel möglich sein. Daneben sollten die Kultivierung des Donaumooses, Verbesserungen im Forst- und Salinenwesen und der Landwirtschaft zu vermehrten Einnahmen des Staates führen.

Nachdem bereits Max III. Joseph den Jesuitenorden aufgehoben hatte, säkularisierte auch Karl Theodor durchaus mit dem Einverständnis der Kurie bis 1784 insgesamt fünf Klöster. Die zunächst geplante Aufhebung aller Bettelorden führte er allerdings nicht durch; dies blieb seinem Nachfolger Max IV. Joseph und dessen Minister Montgelas vorbehalten.
Im Bereich der Kulturförderung war es das Bestreben nach einem verbesserten Schulwesen oder der Wunsch nach einer Verlegung der Universität von Ingolstadt nach Landshut oder München, die sofort an Montgelas erinnern. Darüber hinaus befaßte sich Karl Theodor auch mit sozialen Belangen, indem er etwa Benjamin Thompson, dem späteren Grafen Rumford, die Anlage des Englischen Gartens 1789 ermöglichte oder die Rumfordsche Armenspeisung förderte.

Kurfürst Karl Theodor ist bis heute eine sehr umstrittene Figur in der bayerischen Geschichte, deren Leistungen oftmals neben den Errungenschaften seines Nachfolgers Max IV. Joseph und dessen Minister Montgelas in den Hintergrund geraten. Verantwortlich dafür ist einmal, daß sich Karl Theodor durch seine Pläne, Bayern gegen die österreichischen Niederlande einzutauschen, ein Projekt, das übrigens bereits 80 Jahre vorher Kurfürst Max II. Emanuel ins Auge gefaßt hatte, in Bayern äußerst unbeliebt machte. Zum anderen wandte er sich in den späteren Jahren wieder einer sehr viel stärker konservativ geprägten Politik zu, die auch eine Rückkehr zur Günstlingswirtschaft beinhaltete. Beides führte zu einem politisch motivierten Zusammenspiel zwischen den bayerischen Landständen und dem damals noch pfalz-zweibrückischen Herzog Max Joseph, da das bayerisch-österreichische Tauschprojekt unter allen Umständen verhindert werden sollte. Aus dieser Politik Karl Theodors entstand aber auch ein starkes ständisches Selbstbewußtsein und eine bewußte Unterscheidung von Fürst und Staat, die unter Montgelas zu einer Trennung zwischen der Person des Fürsten und dem Staat führte. Es entwickelte sich ein eigener bayerischer Patriotismus, den Montgelas gezielt auszuweiten suchte, um ein Zusammenwachsen und eine Identifikation der verschiedenen neubayerischen Territorien mit Kurpfalz-Bayern zu erreichen.

Obwohl Montgelas vernichtende Kritik am System Karl Theodors übte, konnte er also auf frühere Reformversuche aufbauen und setzte in manchen Bereichen einmal Angefangenes fort. Seine große Leistung war jedoch, daß er ein durchstrukturiertes Programm entworfen hat, auf dessen Basis er seine Vorschläge tatsächlich dauerhaft durchsetzen konnte.

  • Hintergründe zur Entstehungsgeschichte
  • Inhalt des Ansbacher Mémoire
  • Übersetzung des Ansbacher Mémoire


 


 

 

 

 

 

 

 


Karikatur

 

 


Feuerbach

 

 

 

 

 


Besitzergreifungs-patent des Kurfürsten
Max IV. Joseph

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